Tradition verpflichtet
Rathenower Firma Obrira Low Vision hat sich mit zwei Spezialsortimenten auf dem Markt gut platziert
Seit der Gründung 1992 ist die Rathenower Firma Obrira auf das Segment Low Vision spezialisiert.
Wichtige Erfolgsparameter für Dipl.-Ing. Günter Schwolow (63) und Sohn André (39) sind die Produktqualität und die Produktvielfalt sowie Innovationen bei vergrößernden Sehhilfen.
So lange er zurückdenken kann ist Günter Schwolow in seiner Heimatstadt im optischen Gewerbe tätig. Zuerst in der Ausbildung als Werkzeugmacher bei den Rathenower Optischen Werken (ROW), bevor er sich zum Ingenieur für wissenschaftlichen Gerätebau weiterqualifizierte. Rund drei Jahrzehnte lang war er in den unterschiedlichsten Geschäftsbereichen und Funktionen bei den ROW tätig. Mit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung, Schwolow ist damals Anfang vierzig, muss er sich umorientieren. Er vertraute auf sein wissenschaftlich-technisches Know-how sowie seine Erfahrung im technischen wie im augenoptischen Bereich – und gründete das Unternehmen Obrira, (der Name steht für Optik Brillen Rathenow), mit dem er fortan das bis dato im Osten Deutschlands unterrepräsentierte Segment Low Vision bedient.
Ein Sprung ins kalte Wasser sei es gewesen, sagt er rückblickend. Eine Herausforderung im direkten Wettbewerb mit den drei großen Anbietern Zeiss, Eschenbach und Schweizer. „Wir waren jedoch der einzige Hersteller aus den neuen Bundesländern, und mit unserer eigenen Philosophie rechnete ich mir territoriale Vorteile aus.“
Genug ist nie genug: Low Vision erfordert großes Engagement
Damals habe es einen großen Aufklärungsbedarf bei Augenärzten und Optikern gegeben. Wenig wussten sie über die Möglichkeiten, Patienten mit unterschiedlichen Sehproblemen bestmöglich mit vergrößernden Sehhilfen zu versorgen. Mit einem Team aus fünf Mitarbeitern begann das Unternehmen seinen Informationsfeldzug bei Augenärzten und Optikern in den neuen Bundesländern. Über die Jahre erzielte man so bundesweit einen Marktanteil von etwa 12-14 Prozent. Als 2009 die Krankenkassen die Kosten für Fernrohrbrillen nicht mehr übernehmen, geht der Inlandsmarkt in die Knie. Umsatzeinbußen von rund 50 Prozent zwingen die Rathenower 2011 sich umzustrukturieren: „Zwar wurde nach einer Klage des Zentralverbandes der Augenoptiker das Urteil rückgängig gemacht, faktisch aber hat sich die Situation nicht entscheidend verändert, denn die Krankenkassen finanzieren vergrößernde Sehhilfen nur noch für die Nahversorgung.“
Doch da Obrira in der Branche inzwischen ein erfolgreich eingeführter Name ist, zögern Vater und Sohn Schwolow keinen Moment für die Zukunft zu kämpfen.
Dabei konzentriert man sich heute ganz auf die Montage und Systemneuentwicklungen. Optik und Mechanik werden nach draußen vergeben. Das Produktportfolio für die Rundumversorgung mit vergrößernden Sehhilfen umfasst Fernrohrlupenbrillen für hochgradig Sehschwache, binokulare Lupenbrillen – ein bewährtes Arbeitsmittel, in allen Professionen, in denen hohe Anforderungen an die Sehkraft der Augen gestellt werden, von der Zahn-, Augen-, HNO-Medizin, der Chirurgie, der Mikroelektronik bis hin zur Uhren- und Schmuck-Industrie. Des Weiteren Beecher Lupensysteme (Kepler-Art), Refraktionsbrillen, binokulare prismatische Lupenhalbbrillen für Altersweitsichtige, bei denen die normalen Lesebrillen für die Sehaufgaben in der Nähe nicht mehr ausreichen.
Handmonokulare, Aufsetzlupen, prismatische Halbbrillen, Fernseh-Großbildlupen sowie moderne High LED- Systeme – LED-Lichtquellen für eine breites Anwendungsspektrum (Low Vision, Präzisionsarbeiten in der Feinmechanik, Medizintechnik, bei verschiedenen Sportarten).
Bei Nah- und Fernspiegelbrillen für Hemianopsie- und Bechterew- Patienten halten die Rathenower zudem das Alleinstellungsprimat: die Spiegelbrille von Obrira korrigiert bei Hemianopsie- Kranken, die nur noch über die linke oder rechte Hälfte des Gesichtsfeldes verfügen, diese Wahrnehmung ohne störende Nebenbilder und ermöglicht damit ein unbeschwertes Sehen.
Solide Partnerschaften und ein neues Marktverständnis
Dieses Ziel gibt André Schwolow vor. Als der Vater die Firma gründete stand der Sohn kurz vor dem Abitur.
Mit der Ausbildung zum Augenoptiker bereitete er sich gründlich auf die Übernahme des Unternehmens vor.
Im Außendienst sammelte er zudem Erfahrung in der Präsentation vergrößernder Sehhilfen vor Optikern und Augenärzten.
mit der Erkenntnis: „Wir haben uns zu lange auf der Kassenmentalität ausgeruht und wollen das nicht wieder aufleben lassen. Mit der neuen Situation trennt sich die Spreu vom Weizen. Was uns zu Gute kommt, denn wir haben hochwertige Produkte zu vernünftigen Preisen. Und wir arbeiten daran, dass über mehr Informationen dem Patienten die Investition in eine Sehhilfe sinnvoll erscheint.“
Hochgradig sehschwache Menschen seien oft sehr agil und mobil. Vergrößernde Sehhilfen, so der Junior-Chef gäben ihnen ein Stück Lebensqualität zurück. In der Partnerschaft mit regional operierenden Verbänden sowie spezialisierten Optikern, die letztlich die Anpasser und Entscheider sind, möchte man diese Menschen bestmöglich versorgen. „Während früher der langwierige bürokratische Abwicklungsprozess über die Kassen die Versorgung der Kunden lähmte, können wir heute viel schneller liefern – zwei, drei Tage nach der Anpassung.“
André Schwolow will das Unternehmen für die Zukunft aufstellen – über ein breites Artikelspektrum, innovative Neuentwicklungen, über Services, Information sowie eine effiziente Versorgung. Und last but not least über die Einbindung in die Netzwerkaktivitäten der Optic Alliance Brandenburg-Berlin (OABB). Eine Gewissheit begleitet ihn: „Ich starte unter besseren Voraussetzungen als mein Vater. Die Firma hat Tradition, einen guten Namen, hervorragende Produkte, einen stabilen Exportanteil, sowie einen expandierenden Markt im Inland.“